Dass so viele Autoren über Jahrhunderte und Kulturen hinweg ein so stimmiges Bild vom Wirken Gottes zeichnen, ist einzigartig. Die Bibel kann nicht erfunden sein. Eine Einladung, zu vertrauen.
Nicola Vollkommer
19. Februar 2018

«Ihr Christen habt in eurer Obhut ein Dokument mit genug Dynamit in sich, ... die Welt auf den Kopf zu stellen, dieser kriegszerrissenen Welt Frieden zu bringen. Aber ihr geht damit um, als ob es bloss ein Stück guter Literatur wäre, weiter nichts.» Mahatma Gandhi

 

Bibel pur und live

Fast fünfzig Jahre ist es her. Ich las das Buch «Spuren im Schnee» von Patricia St. John und wurde Christ. Eine klassische kindliche Bekehrung mit darauffolgendem Werdegang wie aus dem Bilderbuch. Den «Guten Start» vom Bibellesebund gab es als Bibelbegleiter, auswendig gelernte Bibelverse mit einem weiteren christlichen Kinderbuch als Belohnung. Darauf folgten christliche Jugendcamps, auf die unsere Eltern uns schickten, um uns vor den Folgen sich verirrender pubertärer Hormone zu schützen, danach der Pendelgang zwischen Campus für Christus und der SMD (Studentenmission in Deutschland) in der Studentenzeit, um den christlichen Heiratsmarkt abzuklopfen und besagte Hormone im sicheren Hafen einer christlichen Ehe unterzubringen.

Ein halbes Jahrhundert später lese ich zwar keinen «Guten Start» mehr, obwohl ich ihn meinen jungen Freunden vorbehaltlos empfehle. Ich lese die Bibel pur und live – lange Abschnitte davon in einem Zug, einmal im Jahr von der ersten bis zur letzten Seite. Früher eher aus Pflicht. Ich las vom «Tisch gedeckt im Angesicht meiner Feinde» (Psalm 23), lange bevor ich verstand, was Feinde sind. Ich trällerte vertonte Versionen von «Warum betrübst du dich, meine Seele» (Psalm 43), lange bevor ich ein gebrochenes Herz erlebt hatte. Ich zitierte das Liebeslied in 1. Korinther 13 wie Strophen einer sentimentalen Lyrik, ohne zu ahnen, welch steile Ansprüche sie an mich stellen. Dass dieses Buch keine Seelenmassage bietet, war von Anfang an klar.

 

Seltsam

Dass ganze Institutionen sich als Kenner dieses Buches ausgeben und zugleich seine Sonderstellung als Vorgabe für meine Lebensführung mit allen Mitteln demontieren, erfüllt mich mit ungläubigem Staunen. Ein hartnäckiger, Zeit und Kultur umfassender Versuch, eine Botschaft zum Schweigen zu bringen, muss misstrauisch stimmen. Und das bei einem Buch, das in den Augen seiner Spötter nichts anderes ist als eine Sammlung altorientalischer Fabeln, der archaische Überrest einer patriarchalischen Gesellschaft? Seltsam!

Was liebe ich an diesem Buch? Warum bin ich nach jedem Angriff auf seine Glaubwürdigkeit überzeugter denn je, dass jede Seite Gottes Handschrift trägt? Ein Grund dafür liegt auf der Hand. Irgendwo muss es ein solches Schriftwerk geben. Eine Erklärung dafür, warum wir alle hier sind. Dort, wo es eine Schöpfung gibt, gibt es auch einen Schöpfer. Ein Künstler, der ein herausragendes Werk schafft, läuft nicht davon, mir nichts dir nichts, ohne seinen Verbleib oder die Beweggründe zu verraten, warum er das Meisterwerk geschaffen hat. Erst recht nicht bei einem schillernden, beispiellosen Wunderwerk wie dieser Erde. Der, der Schneeflocken entworfen, sich Herbstfarben ausgedacht, ein Kind im Leib seiner Mutter bereitet hat – der muss seine Adresse hinterlassen haben.

Andere Erklärungen für diese Welt habe ich mir angeschaut. Alles aus Zufall entstanden? Meine kleine Golduhr wurde in feinster Kleinarbeit entworfen und durchdacht – aber der Vogel, der in meinem Garten singt, war eine Amöbe, die sich in einen Vogel entwickelt hat? Nett, als Märchen. Als Fakt: an Absurdität nicht zu überbieten.

Heute machen die «Gott-ist-nett»- und «Happy-End-für-alle»-Thesen wieder die Runde. Die Welt ist ein Paradies der Seligen, nur wir spiessigen Frommen merken es nicht. Das Böse ist nur ein gelegentlicher Betriebsunfall. Das Evangelium der Moderne lautet: den Menschen sagen, dass sie geniale Typen sind. Schwamm über die Gesamtheit der weltgeschichtlichen Schandtaten. Eine Pauschalabsolution für Hitler, Stalin und den Islamischen Staat. Und für mich. Die Abrechnung am Ende fällt weg. Meinen afghanischen Freunden so was zu erzählen, deren Angehörige von den Taliban brutal erschossen wurden, möchte ich gar nicht erst versuchen. Oder einem Holocaustüberlebenden oder einem Häftling in den Folterkammern Kim Jong-uns.

Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 02/2018.