«Ich habe dich schon immer geliebt.» Das schreibt dir Gott. Hast du das schon mal gelesen? Wenn ja, was war deine Antwort darauf? Kannst du es dir leisten, die Hauptsache zu verpassen?
Theo Lehmann
19. Juni 2016

Wenn ein Junge zu einem Mädchen sagt: «Ich liebe dich», da fragt das Mädchen doch nicht zurück: «Warum?» Denn für das Wunder der Liebe gibt es keine Erklärung. Auch nicht für das Wunder der Liebe Gottes. Aus allen Völkern der Welt hat Gott sich eins ausgewählt, und das war auch noch das kleinste, und hat zu ihm gesagt: «Ich liebe dich.» Das ist das Volk Israel. Er hat dieses Volk aus der ägyptischen Sklaverei befreit, hat es durch die Wüste geführt in das Land Kanaan und liess es dort im Wohlstand leben. Alles, was er von den Israeliten forderte, war, dass er ihr Gott sein sollte, dass sie keine anderen Götter anbeten sollten und dass sie seine Gebote halten sollten. Aber davon wollten sie von Anfang an nichts wissen. Sie wussten immer alles besser, haben ständig Gott verlassen und sich mit anderen Göttern eingelassen. Israel, Gottes grosse Liebe, ist immer wieder fremdgegangen.

Gott hat auf diese Untreue mit unendlicher Gelassenheit und Liebe reagiert. Wie gross diese Liebe Gottes ist, habe ich zum ersten Mal verstanden, als ich im Krankenhaus lag. Da hatte ich viel Zeit, und da habe ich mal die Bibel
hintereinander weg in einem Zug durchgelesen. Und dabei ist mir etwas aufgefallen, was man sonst, wenn man die Bibel bloss abschnittweise liest, gar nicht so richtig mitkriegt, nämlich: Die Bibel ist eine Liebesgeschichte. Es ist eine einzige Geschichte von der Liebe Gottes zu den Menschen. Die Menschen beachten Gott nicht – Gott bleibt seiner Liebe treu. Die Menschen gehorchen Gott nicht – Gott bleibt seiner Liebe treu. Die Menschen lieben Gott nicht – Gott bleibt seiner Liebe treu. Was auch passiert, wie schwer die Menschen ihn enttäuschen,
wie oft sie ihm untreu werden – Gott bleibt seiner Liebe treu. Und weil die Liebe erfinderisch macht, erfindet Gott immer was Neues, um seine Liebe zu beweisen.
Er findet immer neue Worte, um seine Liebe auszudrücken. Zum Beispiel sagt er mal zu Israel (Jesaja 49,16): «In meine Hände habe ich dich gezeichnet.» Dazu musst du wissen: Wenn in Israel sich ein Junge in ein Mädchen verliebt hat,
sagen wir mal – der Moische hat sich in die Rebecca verknallt –, dann hat der Junge den Namen seiner Liebsten sich in den Handteller reingeschrieben.
Da geht die Sonne auf! «In meine Hände habe ich dich gezeichnet», sagt Gott. Und die schönste seiner Liebeserklärungen lässt er durch den Propheten
Jeremia (31,3) ausrichten: «Ich habe dich schon immer geliebt.»


All you need is love

Hast du das schon gewusst? Hast du das schon mal gelesen? Siehst du, das ist typisch. Du selber bist das beste Beispiel für das, wovon ich hier rede. Da schickt Gott dir einen Liebesbrief. Hier, diesen dicken Liebesbrief, die Bibel. Und du weisst doch, wie das ist, wenn man einen Liebesbrief bekommt. Da werden einem die Knie weich und die Augen fliegen über die Zeilen, bis man an die Zeile, an den Satz kommt, nach dem man sich sehnt, auf den man wartet: «Ich liebe dich». Da schreibt dir also Gott diesen fantastischen Satz – und du hast es noch nicht mal gelesen, geschweige denn beantwortet.

(Artikelauszug aus ethos 06/2016)