«Als die Pistole an den Kopf meines Vaters gehalten wurde, hätte einer der Männer auf Juden deuten können. Keiner tat es. Sie standen alle zusammen.»
Daniel Gerber
19. März 2017

Es war im Jahr 1945, als Edmonds als Kriegsgefangener in «Stalag IX-A», einem deutschen Arbeitslager, festgehalten wurde. Der hochrangigste Offizier war verantwortlich für die 1292 amerikanischen Kriegsgefangenen, darunter 200 mit jüdischem Hintergrund.

Während dem Krieg tötete die Wehrmacht jene jüdischen Soldaten, die an der Ostfront gefangen wurden, oder deportierte sie in die Flüchtlingslager. Jene, die an der Westfront gefangen wurden, kamen in Berga in ein Sklavenlager, wo die Überlebenschance miserabel war.

Aus diesem Grund wurde in der US-Armee den jüdischen Soldaten gesagt, dass sie, wenn sie gefangen würden, sich sämtlicher Hinweise auf ihren Glauben entledigen sollten; zum Beispiel persönliche Gebetsbücher.

Dass 200 der Soldaten im benannten Camp überlebten, ist Roddie Edmonds zu verdanken. Er starb 1985, ohne mit seiner Geschichte je an die Öffentlichkeit gegangen zu sein. Warum er seine couragierte Geschichte niemals, weder seiner Frau noch seinen Kindern oder den Grosskindern, erzählt hatte, wusste wohl nur er selbst. Es wäre wohl unerzählt geblieben, hätte Roddie Edmonds sie nicht mehrere Jahrzehnte später für eine College-Arbeit seiner Enkelin weitergegeben.

Vor wenigen Monaten nun wurde Edmonds postmortal von der «Jewish Foundation» geehrt. «Er prahlte nie, aber er redete viel über Gott», sagte sein Sohn, kurz bevor er die Auszeichnung stellvertretend für seinen Vater entgegennahm. Der Vorsitzende der Foundation, Harvey Schulweis, bei der Ehrung: «Über die Jahre ehrten wir viele Holocaust-Überlebende und ihre Retter. Doch die Geschichte, wie Roddie Edmonds 200 amerikanisch-jüdische Soldaten rettete, spricht über den Mann und Anführer, der er war.»

Mehrere der damals Überlebenden waren bei der Ehrung dabei.


Er war ein Mann des Glaubens

Edmonds landete im Herbst 1944 mit der 106. Infanterie- Division in Europa und kämpfte sich an die belgisch-deutsche Grenze durch, wo seine Truppe Teil des 422. Infanterie-Regiments wurde. Am 16. Dezember folgte der Beginn der Schlacht um Bulge, tags darauf folgte die letzte warme Mahlzeit. In seinem Tagebuch hielt er fest: «Wir mussten unsere Köpfe unten halten, das war kein Picknick.»

Fast ausgeschossen und mit nur wenigen Leuten konnten sie die Wehrmacht so lange aufhalten, bis General George Patton mit seiner dritten Armee angerückt kam, um zu Hilfe zu eilen.

Für das 422. Regiment kam die Hilfe jedoch zu spät. Eine Panzer-Einheit der SS kreiste die Truppe ein. Edmonds war einer von über tausend Amerikanern, die gefangen genommen wurden. «Wir erwarteten, niedergemetzelt zu werden. Wir hatten kein Essen und kein Wasser mehr.» Doch die Eingekesselten wurden ins erwähnte Sklavenlager gebracht.

(Artikelauszug aus ethos 3/2017)