Vor zwei Jahren verloren viele Christen bei dem Anschlag auf die Zionskirche in Batticaloa ihre Familienangehörigen. Überlebende erzählen, wie sie Gott durch tiefste Nöte getragen hat und es bis heute in Treue tut.
HMK
25. Juni 2021

Fast zwei Jahre sind seit den Bomben­attentaten auf mehrere Kirchen und Hotels in Sri Lanka am Ostersonntag 2019 vergangen. Die Schicksale bewegen.

Verlini sprach an diesem Morgen in der Sonntagsschule über die Kreuzigung Jesu. Unter den aufmerksam zuhörenden Kindern waren auch ihre eigenen, Debbi und Rufus. Kurz vor Unterrichtsende erzählte sie ihnen vom Himmel und stellte die Frage: «Was denkst du, passiert, wenn du heute stirbst?» Anschliessend betete Verlini mit den Kindern. Zum Schluss fragte sie, wer bereit wäre, für Jesus zu sterben – die meisten der Kinder hoben die Hand. Um halb neun war die Sonntagsschule vorbei, die Kinder spielten im Kirchhof, die Erwachsenen bereiteten sich für den Ostergottesdienst in der Zionskirche in Batticaloa vor.

Während Verlini in der Sonntagsschule unterrichtete, feierte Girja den dritten Geburtstag ihres jüngsten Sohnes mit der Familie. Sie hoffte, dass ihr Mann Preshan sie und die vier Kinder zur Kirche begleiten würde. Girjas Mann hatte Alkoholprobleme und war nicht sonderlich am christlichen Glauben interessiert. Zwar hatte er nichts dagegen, dass seine Frau und die Kinder zur Kirche gingen, aber er selbst wollte Jesus nicht nachfolgen. Auch an diesem Sonntag hatte er nicht die Absicht, mit in den Gottesdienst zu gehen. Er sagte, er müsse noch arbeiten. Preshan arbeitete als Tagelöhner und Girja als Reinigungskraft. Er bewunderte seine Frau dafür, wie gut sie mit dem Wenigen umgehen konnte, das sie hatten. Seit sie Christin geworden war, schien es der Familie besser zu gehen: Sie waren sich alle irgendwie nähergekommen, auch die Kinder machten sich nun gut in der Schule. Jeden Abend um elf Uhr las Girja in der Bibel und betete. «Ich brauche Gottes Gnade jeden Tag neu», hatte sie ihrem Mann erklärt. Nachdem Girja noch einmal gefragt hatte, ob Preshan nicht doch mitkommen wollte, machte sie sich mit den Kindern auf den Weg zur Kirche.

Ein grosser Tag für Pastor Stanley

Ostersonntag war ein grosser Tag für Pastor Stanley. Er leitete den Gottesdienst an jenem Morgen in der Zionskirche, weil der Hauptpastor als Verkündiger nach Europa eingeladen worden war. Kurz vor neun, als bereits rund fünfhundert Gottesdienstbesucher ihre Plätze eingenommen hatten, sah Pastor Stanley, wie einer der anderen Pastoren einen jungen Mann aus dem Kirchengebäude brachte. Der Mann war mit Kappe, Jogginghose und T-Shirt für einen Ostersonntagsgottesdienst eher ungewöhnlich gekleidet. Pastor Stanley fiel vor allem der grosse schwarze Rucksack auf ... Der Pastor ging aus der Kirche heraus, um diesen ungewöhnlichen Besucher zu begrüssen. Auf dem Weg sah er die Kinder der Sonntagsschule; sie sassen auf einer Treppe, vor der sein Lieferwagen stand.

Pastor Stanley begrüsste den Mann mit dem Rucksack. Er wolle für seine Mutter beten, erklärte der fremde junge Mann. Aufgrund seines Namens und Akzents hielt Pastor Stanley ihn für einen Muslim. Die Kirche hatte viele muslimische Besucher. Einige kamen regelmässig. Etliche waren Christen geworden. Es gab also nichts Beunruhigendes. Stanley lud den jungen Mann zu einem der Mittwochabendgottesdienste ein, um dort gemeinsam für seine Mutter zu beten.

«Etwas war nicht in Ordnung»

Pastor Stanley ging zurück in die Kirche. Der Gottesdienst begann. Der Chor fing an zu singen. Der Gottesdienst nahm seinen Lauf, aber etwas beunruhigte den Pastor. «Ich spürte, dass etwas nicht in Ordnung war.» Er drehte sich zur offenen Tür um, weil er sehen wollte, wo der junge Mann war. Er sah, wie sein Pastorenkollege und ein Kirchenältester mit ihm sprachen und ihm den Eingang zur Kirche versperrten.

Plötzlich fiel der Mann vornüber auf die Knie. Eine grosse Explosion dröhnte über den Hof. Pastor Stanley ignorierte den Schock der Bombenexplosion, den Schmerz und das laute Pfeifen in seinen Ohren. Verzweifelt rannte er durch die Kirche und half den Verletzten. Er sah ein Kleinkind und zog es aus dem brennenden Schutt heraus. Dann lief er weiter zu einem dunklen Loch mitten im Zementboden, dorthin, wo der junge Mann auf die Knie gefallen war. «Mein Kollege lag auf dem Boden», sagte Stanley. «Ich sah so viele Kinder. Aber meinen Sohn konnte ich nicht finden.»

14 Kinder waren sofort tot

Viele Kinder waren in der Nähe der Tür gewesen, als der junge Mann die Bombe gezündet hatte. Vierzehn von ihnen waren durch die Explosion sofort umgekommen, viele wurden verwundet. Später realisierte Stanley, dass der Lieferwagen, den er im Hof geparkt hatte, die Kinder auf der Treppe etwas vor der Wucht der Explosion geschützt hatte.

Abdruck mit freundlicher Genehmigung der HMK, www.verfolgte-christen.org

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