«Mein Papa hat gesagt, dass meine Oma an diesem Virus sterben kann! Und zum Essen wird es auch nicht mehr genug geben! Vorher war ich mit meiner Mama einkaufen und alle Regale mit Nudeln und Tomatensauce waren leer.» Mit diesen Worten und schreckgeweiteten Augen begrüsste mich der kleine Fynn, als er zur letzten Trainingsstunde vor den Schulschliessungen kam.
So wie Fynn geht es vielen Kindern in der Zeit der weltweiten Coronakrise. Von heute auf morgen wurden unsere sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert, Schulen geschlossen, Arbeitsplätze nach Hause verlegt und Grenzen gesperrt. Mit Mundschutz vermummte Menschen schieben prall gefüllte Einkaufswagen aus leer geräumten Lebensmittelmärkten. Mama und Papa blicken ernst und besorgt.
Kindersorgen ernst nehmen
Es ist nicht leicht und auch nicht notwendig, eine Antwort auf jede Frage hinsichtlich des Coronavirus zu haben. Eltern können ihren Kindern gegenüber gerne eingestehen, dass sie manches nicht wissen. Kinderärzte und Psychologen appellieren an Eltern, ihre Kinder vor der Coronaangst zu schützen. Wenn Eltern unruhig oder unsicher werden, überträgt sich das natürlich auf die Kinder. Informationen rund um die Pandemie sollen Eltern ruhig und kindgerecht erklären: «Corona ist ein hartnäckiges Virus, das uns derzeit auf eine noch nie da gewesene Art und Weise beschäftigt. Die Experten sind dabei, Medikamente und einen Impfstoff zu entwickeln.»
Ältere Kinder informieren sich häufig in Social-Media-Plattformen. Es ist notwendig, ihnen zu erklären, dass nicht alles im Internet Veröffentlichte auch stimmt. Manche Horrorgeschichten können so in den Köpfen der Kinder entkräftet werden.
Wichtig ist es in jedem Fall, dem Kind einfache Hygienemassnahmen zu zeigen, die auch für andere Bakterien und Viren gelten, wie regelmässiges Händewaschen, nicht aus dem gleichen Glas mit anderen trinken und sich nicht ins Gesicht fassen.
Kindern die Angst nehmen
Eltern dürfen Kindern auch ehrlich sagen, dass sie nicht wissen, wie lange der Ausnahmezustand dauern und wann alles wieder seinen gewohnten Lauf nehmen wird. Sie dürfen den Kindern aber auch sagen: «Gott ist auch heute in unserem Leben da. Er lässt uns nicht allein und tröstet uns in unseren Ängsten und Nöten.»
Beten wir gemeinsam mit unseren Kindern, dass Gott in dieser Situation in seiner Allmacht eingreift. Alle Massnahmen, die die einzelnen Regierungen jetzt treffen, sind gut und wichtig, um das Virus einzudämmen. Andererseits ist es ein grosses Vorrecht, dass wir Gott, der alles geschaffen hat und der die Macht hat, auf sein Wort hin Berge zu versetzen, gemeinsam mit vielen Gläubigen auf dieser Erde um Hilfe in diesen notvollen Zeiten bitten dürfen. Stehen wir gemeinsam für Grosseltern und ältere Verwandte im Gebet ein! Auch das nimmt den Kindern die Angst.
Zusammen Loblieder zu singen hat schon vielen Menschen in ärgsten Zeiten der Verfolgung, Not und Krankheit geholfen. Setzen wir uns mit unseren Kindern zusammen und singen uns den Kummer rund um das Coronavirus vom Herzen!
Ältere Kinder können auch in Nachbarschaftshilfe eingebunden werden. Gibt es Personen, die nicht selbst einkaufen können oder möchten? Anderen zu helfen, lenkt immer auch von eigenen Ängsten ab.
Plötzlich allein?
Verständlicherweise belastet es ein Kind, wenn es plötzlich nicht zur Schule gehen, seine Freunde nicht sehen, nicht am Sporttraining oder am Instrumentalunterricht teilnehmen darf. Plötzlich findet der Gottesdienst und die Kinderstunde am Sonntag nicht mehr vor Ort statt, sondern ist per Video-Chat oder auf einem Online-Kanal zu sehen. Umso wichtiger ist, dass die Kernfamilie in der gemeinsamen Zeit trotz aller Ängste auch Spass, Freude und Gemeinschaft miteinander haben kann. Lassen Sie Ihre Kinder Kinder sein, auch in Krisenzeiten.
Menschen, die selbst als Kind Krieg erlebt haben, erzählen immer wieder, wie sehr sie es genossen haben, von Menschen umgeben gewesen zu sein, die ihnen Momente ermöglichten, wo sie bei Spiel und Spass die Nöte und Schwierigkeiten der Welt um sie herum vergessen oder zumindest ausblenden konnten.
Der unschätzbare Wert von Familie kommt gerade in diesen Tagen zum Tragen. Auch wenn es immer wieder Reibereien und Unstimmigkeiten gibt, ist es speziell in Krisenzeiten einfach grossartig, einander zu haben.
Und jetzt?
Wir werden einerseits aus unserem gut durchstrukturierten Alltag gerissen, andererseits ist nicht Urlaub. Kinder haben Hausaufgaben und Eltern Teleworking zu verrichten. Diese Situation erzeugt unweigerlich Stress, was sich wiederum auf die Kinder überträgt. Daher ist es unbedingt notwendig, dass Eltern Ruhe bewahren. Eine positive Grundhaltung trotz der aussergewöhnlichen Situation vermittelt den Kindern Zuversicht und Sicherheit.
In Zeiten, in denen alles aus dem Ruder läuft, sind Routine und Rituale für Kinder wichtig. Zusammen mit ihnen sollte ein Plan erarbeitet werden, wie viele Stunden – am besten am Vormittag – an den Schulaufgaben gearbeitet wird.
Im Internet gibt es gute Erklärvideos zu unterschiedlichen Stoffgebieten. Gerade lernschwache Schüler und Schülerinnen können die Zeit nützen, um Defizite aufzuholen und an ihren Teilleistungsschwächen zu arbeiten.
Jesus fordert uns auf, zu ihm zu kommen, da er uns Ruhe für unsere Seelen schenken möchte. Er verheisst uns Frieden, der allen Verstand übersteigt und unsere Gedanken in Christus Jesus bewahrt. Wir dürfen unseren Kindern diesbezüglich ein Vorbild sein.
Krise oder Chance?
Trotz aller Einschränkungen gibt es genügend Möglichkeiten, sich zu beschäftigen. Notzeiten lassen Familien enger zusammenrücken. Das ist auch in der Krise rund um Corona der Fall. Auch wenn der Anlass durchaus ernst ist, feiern wir kleine Feste mit unseren Kindern: einen Spielenachmittag, einen Lesenachmittag, ein Bibelquiz, ein Bastelfest für Ostern, ein gemeinsames Kochen zu einem bestimmten Thema oder Land, eine Wanderung mitten unter der Woche oder ein kleines Familiensportfest mit Hoch- und Weitsprung, Pfeilwerfen, Seilspringen und Gummitwist.
So sehr uns Corona auch mitten aus unserem Alltag gerissen hat, eines ist fix: Corona hat uns auch etwas geschenkt – gemeinsame Zeit mit unseren Liebsten! Machen wir aus der Coronakrise das Beste, indem wir aufeinander achten, ein bisschen leisertreten und als Familie zusammenhalten. Vielleicht blicken wir dann in einigen Jahren zurück und unsere Kinder sagen: «Weisst du noch? Damals bei Corona, da haben wir so eine gesegnete Zeit miteinander verbracht!» Wenn uns das mit Gottes Hilfe gelingt, war auch diese Zeit nicht umsonst, sondern trotz aller Einschränkungen und Einbussen ein Gewinn.
Artikel aus ethos 04/2020.