Was darf’s denn sein: Ein Baby aus dem Katalog, perfekt auf den eigenen Geschmack abgestimmt? Ein Herz aus dem 3D-Drucker? Nach langem Schlaf in der Kühltruhe wieder zum Leben erweckt? Der reparierbare Mensch, ewige Jugend, Unsterblichkeit – eine Vision, in die Forscher und Unternehmer Milliarden investieren.
Yvonne Schwengeler
7. Januar 2019

Die Nachricht ging im vergangenen November um die Welt: In China waren die ersten Zwillinge geboren worden, deren Erbgut von Wissenschaftlern durch einen Eingriff in die Keimbahn verändert wurde. Beängstigend. Ein Dammbruch, dessen Ende nicht absehbar ist. Wie immer in solchen Fällen heben die Forscher den medizinischen Nutzen hervor, um vom Ungeheuerlichen abzulenken: Der Eingriff soll die Kinder gegen HIV resistent machen. Was aber dieses veränderte Gen bei den Zwillingen und allen ihren Nachkommen macht, das weiss kein Mensch.

1816 erfand die junge Dichterin Mary Shelley die Figur eines erfolgreichen Naturwissenschaftlers, der in seinem Labor einen Menschen erschuf. Er experimentierte, forschte und drang so immer weiter vor, bis er schliesslich tote Materie beleben konnte. Er schuf ein Wesen, hauchte ihm Leben ein, und erst als dies passiert war, wurde ihm klar, was das für Folgen haben könnte. Das von ihm geschaffene Wesen entpuppte sich als Monster, unglaublich hässlich und abstossend. Es tötete mehrere Menschen aus Frankensteins Familie oder dem engsten Umkreis. Eine Horrorvision!

Die Selbstermächtigung des Wissenschaftlers, der zum Schöpfer wird und damit zu Gott, war schon immer der Traum des Menschen. Diese umgesetzten Allmachtsfantasien sind wie Sprengstoff in den Händen unwissender, naiver Kinder. Wer weiss denn, ob sie die Geister, die sie riefen, auch wieder loswerden? Die Aussichten von Huxleys «Schöne neue Welt» waren noch nie so präsent. Das unvermeidliche Ziel der Genforschung ist die «Eugenik», die biologische Manipulation von Menschen. Gene sind die Bausteine der menschlichen Identität. C. S. Lewis fürchtete die Genversuche mehr als die atomare Zerstörung wegen ihres Potenzials, die Identität der Menschheit selbst zu bedrohen. Aber die Wissenschaft argumentiert, dass mehr als 1500 Krankheiten genetisch übertragen werden können, und fragt: Kann es denn moralisch falsch sein, sich um deren Eliminierung zu bemühen?

Was aber passiert, wenn unreflektierter Wissensdrang ohne moralische Bedenken, ohne Gottesfurcht, einfach ausgelebt wird?

Forever young

Am Ende steht der Tod. Der Lohn für die Sünde, so sagt es uns Gott in seinem Wort. So einfach ist das. In Kalifornien sieht man das ein wenig anders. Als wäre der Tod nur ein Fehler in der Software, das Altern durch ein paar neue Zeilen Code umkehrbar. Im Silicon Valley strebt man nach Unsterblichkeit. Viele Unternehmen dort forschen an einer radikalen Verlängerung des Lebens. Die Liste der Geldgeber ist lang und prominent besetzt.

Im Jahr 2013 gründete «Google» seine Gesundheitssparte «Calico», deren erklärtes Ziel es ist, den Tod zu beseitigen. Dafür werden Milliarden investiert. Für die Wissenschaftler ist der Tod ein mathematisches Rätsel, das sich mit der richtigen Formel lösen lässt.

200 Jahre nach Veröffentlichung des Romans «Frankenstein» von Mary Shelley diskutieren Menschen über die Ära des Trans-, bzw. Posthumanismus mit Mensch-Maschinen-Wesen, sogenannten Cyborgs, deren Körperteile wie bei einer Maschine ausgetauscht werden können.

Ewiges Leben verheisst ausserdem die Idee, das menschliche Bewusstsein als Datenpaket in eine Cloud hochzuladen. Es könnte in den Kopf eines «frischen» Cyborgs übertragen werden. Am Ende dieses Optimierungsprozesses steht die Vision eines perfekten, gottgleichen Wesens, das sich als Mensch-Maschinen-Hybrid reibungslos in die Roboterwelt einpasst.

Der Traum von der Unsterblichkeit ist so alt wie die Menschheit. Der Transhumanismus (Selbstkultivierung mit technischen Mitteln), der mit einem Transzendenz- und Heilsversprechen daherkommt, nimmt die tief sitzende Angst des Menschen vor dem Tod auf. Die Anhänger dieser Bewegung rufen ihrer Glaubensgemeinde zu: Fürchtet euch nicht, die Technik wird euch von den irdischen Leiden erlösen!

Demgegenüber sagt der Psalmist: «Aber der im Himmel wohnt, lacht ihrer, und der HERR spottet ihrer. Er wird einst mit ihnen reden in seinem Zorn, und mit seinem Grimm wird er sie schrecken» (Psalm 2,4–5). Die Vorgabe ist klar: «Ich bin der Herr, dein Gott ... Du sollst keine andern Götter neben mir haben» (2. Mose 20,2–3).

Gott zu spielen ist eine Vermessenheit. Wer dies tut, wird ein böses Erwachen erleben. «Was der Mensch sät, das wird er ernten.» Und davor kann uns nur grauen.

Artikel aus ethos 01/2019.