«Ich stecke mitten im Weihnachtswahnsinn!», schrieb mir eine befreundete Verkäuferin im Dezember. Wirklich Wahnsinn, wie gut die Saison-Geschäfte gehen. In diesem Wahnsinn wird man oft blind für den wahren Sinn des Festes. Vor lauter Christbäumen sieht man den Wald nicht mehr. Deshalb sollte diese Frage gelten dürfen: Weihnachten – warum eigentlich?
Daniel Schulte
7. Dezember 2016

Eine Antwort auf diese Frage bietet das traditionelle Friedenslicht, das jährlich im Dezember aus Bethlehem in alle Welt getragen wird: Weihnachten – damit endlich Frieden werde. Fragt sich nur, wie viel dieses Symbol von dem halten kann, was es verspricht. Wie viel Frieden wartet tatsächlich unterm Christbaum? Bitter nötig hätten wir ihn, sowohl in unserer Welt als auch in unseren Herzen!

Um noch alles gebacken zu kriegen

Es liegt nahe, dass wir im Blick auf ein derart urchristliches Fest die Bibel befragen. Im Alten Testament findet man für Frieden das hebräische Wort «Schalom». Das bedeutet so viel wie Unversehrtheit, Ganzheit, Schutz und Wohlbefinden – im Sinne einer harmonischen Einheit der vielen Lebensbereiche. Was zusammengehört, findet sich. Dann ist Schalom! Als sprachliches Pendent dazu findet sich im Neuen Testament das griechische Wort «Eirene», von dem sich der weibliche Vorname «Irene» ableitet. «Eirene» meint mehr die Ruhe, einen Zustand der Stille und des Geklärtseins.

Schalom und Eirene! Wer wünscht sich das nicht? Ein Leben, bei dem alles am rechten Platz ist, eine Existenz in Harmonie und guter Ordnung. Ein Leben, das aus der Ruhe heraus geführt wird!

Spätestens jetzt muss man ernsthaft zu zweifeln beginnen, ob Weihnachten dafür wirklich geeignet ist. Ausgerechnet zu dieser Jahreszeit, wo man sich inmitten des Wahnsinns förmlich zerreisst, um noch alles gebacken zu kriegen – nicht nur die Kekse. Ausgerechnet jetzt, wo so viele familiäre Spannungen und Streitigkeiten aufkommen, wie sonst kaum während des Jahres. Ausgerechnet jetzt spricht man von Frieden, wo doch in dieser Hektik kaum einer zur Ruhe kommt. Was nur hat Weihnachten mit Frieden zu tun?


Jenseits aller Beschaulichkeit und Waffenruhe

Bei der Ankündigung der Geburt von Marias erstem Sohn wird über ihn gesagt: «Er wird kommen, um unsere Füsse auf den Weg des Friedens zu führen!»         

Kurz darauf öffnet sich der Himmel für die Hirten auf dem Feld – ausgerechnet für diese «Aussenseiter», die sonst niemand wirklich wahrnimmt. Ihnen wird mitgeteilt, dass der geboren ist, auf den viele so lange gewartet haben: Jesus, der Retter. Und sie hören den Gesang der himmlischen Heerscharen: «Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden den Menschen, an denen er Wohlgefallen hat.» Endlich ist der Messias da, endlich Frieden – so könnte man diese urchristliche Weihnachtsbotschaft zusammenfassen.

Etwa 30 Jahre später bestätigt Jesus selbst seine Friedensmission: «Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht wie die Welt gibt, gebe ich euch! Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht!»

Damit meint er: Was ihr Frieden nennt, ist meist ein trügerisches Spiel. Denn ihr nennt es Frieden, wenn man gute Miene zum bösen Spiel macht – weil es sich zu gewissen «heiligen» Zeiten nun mal so gehört. Ihr nennt es Frieden, wenn gerade mal die Waffen schweigen und sich die Verlierer vor den Siegern beugen. Ihr nennt es Frieden, wenn Konflikte oberflächlich befriedet sind oder Krisen in den Medien unerwähnt bleiben.

Ich aber bin zur Welt gekommen, um eine andere Art von Frieden zu bringen, jenseits aller Beschaulichkeit und Waffenruhe. Echten Frieden, der nicht an der Oberfläche bleibt, der nicht darauf angewiesen ist, dass um uns herum alles friedlich und easy läuft. Ganz im Gegenteil – Jesus meint eine Ruhe, die man selbst mitten im Sturm findet. Einen Frieden, der sich im Extremfall gerade da zeigt, wo um uns herum der Krieg tobt. Frieden mittendrin und allem zum Trotz!

Weihnachten – die Geburtsstunde wahren Friedens also! Er trägt das Gütesiegel des Himmels und lässt sich nur mit Jesus erklären. Er bringt den Frieden, der nicht von dieser Welt ist, aber mit ihm in diese Welt kam. Und so wie dieser Friede mit Jesus aus der Ewigkeit kam, so führt er auch weit über uns und unser Sterben hinaus, bringt Hoffnung mit sich, Geborgenheit, die auch über die Schwelle des Todes trägt.

(Artikelauszug aus ethos 12/2016)