Auch Christen kennen Zweifel. Zweifel hat etwas mit Zwiespältigkeit zu tun. Glaube bedeutet, mit ungeteiltem Sinn Christus anzuhangen. Unglaube bedeutet, Gott mit ungeteiltem Sinn zu verwerfen. Zweifel bedeutet, zwischen beidem hin- und herzuschwanken. In dieser gefallenen Schöpfung liegt uns der Hang zum Zweifeln im Blut. Und Satan, der seit Beginn der Menschheitsgeschichte Zweifel an Gott säte, hat seine Strategie nicht aufgegeben: «Sollte Gott gesagt haben ...?» Damit wurde die Tür zur Lüge aufgestossen. Die Frage ist, wie wir damit umgehen. Widersteht man diesem Angriff nicht, wird die Autorität von Gottes Wort systematisch untergraben. Zweifel und Misstrauen an Gottes Güte und Allmacht wachsen. Die teuflische Saat geht auf. Hier sollten wir den Rat des Apostels Jakobus beherzigen: «So seid nun Gott untertan. Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch. Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch. Reinigt die Hände, ihr Sünder, und heiligt eure Herzen, ihr Wankelmütigen» (Jak. 4,7+8). Und weiter:
«Wer bittet, der bitte im Glauben und zweifle nicht; denn wer zweifelt, der gleicht einer Meereswoge, die vom Winde getrieben und bewegt wird. Ein solcher Mensch denke nicht, dass er etwas vom Herrn empfangen werde» (Jak. 1,6+7).
«Ich kann nicht mehr glauben»
Schicksalsschläge, Erschütterungen oder auch Krankheiten können dazu führen, dass auch Christen das Gefühl haben, nicht mehr glauben zu können. Gerade bei schweren Depressionen ist der plötzliche Glaubensverlust bekannt. Oft ist bei diesen Menschen damit die peinigende Vorstellung verbunden, sie hätten «die Sünde wider den Heiligen Geist» begangen. In der Seelsorge begegnet uns dabei häufig eine zwanghafte Gewissensanklage, die auf den Zuspruch der Gnade nicht mehr reagiert. Da ist es wichtig, die Betroffenen darauf hinzuweisen, «... dass, wenn uns unser Herz verdammt, Gott grösser ist als unser Herz und alle Dinge erkennt» (1. Joh. 3,20). Das ist ein Wort der Ermutigung für angefochtene Christen. Die Gefühle sind kein Gradmesser für die Beziehung zu Gott. Das Gewissen ist nicht unbedingt die unfehlbare innere Stimme. Nur das Gewissen, das an Gottes Wort gebunden ist, gibt Antworten, die nicht von Selbstsucht angefressen sind. Deshalb verlassen wir uns auf die Zusage des Herrn. Er ist grös-ser als unser anklagendes Gewissen, grösser als unsere Selbstverurteilungen.
«Und erbarmt euch derer, die zweifeln», mahnt Judas in seinem Brief.
Die falsche Blickrichtung
Sie erinnern sich an den Bericht aus den Evangelien, als Petrus im Sturm auf dem See Genezareth Jesus begegnet? Die andern Jünger sind mit Petrus im Boot. Sie haben Angst. Plötzlich erkennen sie den Herrn. Im Sturm der Nacht steht er auf den Wellen und spricht: «Fürchtet euch nicht, ich bin’s!»
Petrus – wer anders sonst? – sagt: «Herr, wenn du es bist, dann sag, dass ich zu dir kommen soll.» Darauf antwortet Jesus: «Komm her! Verlass das Boot und gib deine vermeintlichen Sicherheiten auf. Gib dich ganz in meine Hand.»
Dass Jesus aussergewöhnliche Macht hat, das wissen die Jünger, das weiss Petrus und das wissen auch wir. Nun aber soll Petrus aufgrund dieser Macht über das Wasser zu Jesus gehen. Das ist der Praxistest! Entscheidend ist nicht, dass wir sagen: «Jesus ist der allmächtige Herr», sondern dass wir dementsprechend handeln.
«Das Schlimmste, was uns passieren kann», meint Peter Strauch, «ist ein Christsein, das zur toten Begrifflichkeit erstarrt ist. Theoretisch ist alles richtig, aber es lebt nicht.» Glaube ist viel mehr als ein «Fürwahrhalten», denn auf diese Weise glaubt der Teufel auch. «Du glaubst, dass nur einer Gott ist? Du tust recht daran; die Dämonen glauben’s auch und zittern» (Jak. 2,19). Glaube ist auch mehr als eine Weltanschauung, es ist ein Sicheinlassen auf das, was Gott sagt.
Petrus wagt sich aufs Wasser und erfährt: Jesus ist Herr über die Naturgesetze. Den Blick auf ihn gerichtet, wird das Unmögliche möglich. Doch dann sieht er auf die Wellen und beginnt zu sinken. Aber Jesus lässt den Zweifelnden nicht untergehen, sondern ergreift ihn und hält ihn fest. Dieses sich klammernde Vertrauen ist die unbedingte Voraussetzung eines wirklichen Christseins.
Wie also werden wir vom Zweifelnden zum Glaubenden? Petrus handelt nicht eigenmächtig, nicht aus dem Bauch heraus. Nein, er geht auf Jesu Wort hin. Das ist das Geheimnis! Daraufhin erlebt er seine Macht.
Geschah nicht dasselbe beim Fischfang? Es war nach der Auferstehung des Herrn. Die Jünger hatten die ganze Nacht gefischt, nichts gefangen und waren frustriert. Als sie ans Ufer kamen, erwartete sie Jesus bereits und fragte: «Habt ihr nichts zu essen?» «Nein», sagten sie und gaben damit ihre Bedürftigkeit zu. Darauf hiess Jesus sie, erneut hinauszufahren und das Netz zur Rechten des Bootes auszuwerfen. Die Jünger handelten «auf sein Wort hin» und erlebten einen noch nie da-gewesenen Fang.
Hätten sie nicht allen Grund zum Zweifeln gehabt? Schliesslich waren sie die Fachleute und die Anordnung des Herrn war wider ihre Vernunft. Wo wir in unserer Bedürftigkeit und Ohnmacht zum Herrn kommen und auf sein Wort hin handeln, wird er sich nicht unbezeugt lassen! Wie unsere Umstände auch sein mögen – Jesus ist grösser. Schauen wir nicht auf die Schwierigkeiten, schauen wir auf IHN!
(Artikelauszug aus ethos 11/2016)