Wie werden Eltern ihren so unterschiedlichen Kindern gerecht?
Roswitha Wurm
24. November 2017

Eltern, die mehrere Kinder haben, merken rasch: Jedes Kind ist anders. Die Älteste ist ein Seelchen, das sich alles so richtig zu Herzen nimmt, der robuste Jüngste hebt mit seinem extrovertierten, fröhlichen Wesen die Welt aus den Angeln und die Mittlere verliert schon mal die Nerven. Wenn ihr etwas nicht behagt, dann verkündet sie das auch lautstark. Jedes Kind hat ein eigenes, in seiner Individualität und Einzigartigkeit besonderes Wesen und ist auf seine Art liebenswert. Da auch Mutter und Vater individuelle Persönlichkeiten sind, fühlen sie sich manchmal naturgemäss zu dem einen oder anderen Kind etwas mehr hingezogen. Das ist eine normale, menschliche Gefühlsregung. Die ruhige, introvertierte Mutter kann sich in die sensible Älteste besser einfühlen als in den kleinen Rabauken. Den extrovertierten Vater, der auch einmal lauter werden kann, erinnern seine beiden jüngeren Kinder an sein eigenes Verhalten in diesem Alter. Eltern möchten aber auch gerecht sein und allen Kindern mit dem gleichen Verständnis begegnen – doch ist das überhaupt möglich?


Du bist du

Wenn Eltern erkannt haben, wie ihr Kind von seiner Persönlichkeit her gelagert ist, sollten sie es dankbar annehmen, wie es ist. Jedes Kind ist ein Geschenk von Gott: das stille, das lebhafte, das kämpferische und das leicht verzagte. Dankbares Annehmen ist die Basis für gottgeleitete Erziehung. Denn wir wissen als Christen: Gott hat auch uns angenommen mit all unseren Schwächen und Stärken, in unserer Einzigartigkeit. Das ist die Gnade, in der wir leben. Durch unser Verhalten als Eltern möchten wir Jesu Liebe, die wir selbst empfangen haben, widerspiegeln – als Zeugnis für unsere Kinder. Es ist sehr verletzend, wenn ein Kind bemerkt, dass es von den Eltern aufgrund seiner Persönlichkeit abgelehnt wird.


Ich helfe dir

Ein Kind braucht die Gewissheit, dass seine Eltern es so lieben, wie es ist, nicht, wie sie es haben möchten oder wie es einmal werden wird. Auch hier ist Gott selber unser Vorbild. «Nicht darin besteht die Liebe – nicht dass wir Gott zuerst geliebt haben, sondern dass er uns zuerst geliebt hat und seinen Sohn gesandt hat als Sühnopfer für unsere Sünden» (1. Joh. 4,10). Wir wissen uns als Eltern von Gott geliebt und angenommen, wir wissen um unsere eigene Vergebung durch Gottes Gnade. In diesem Wissen dürfen wir unseren Kindern begegnen: als Eltern, die selber in allem der Gnade Gottes bedürfen.

Mit diesem Grundverständnis fällt es leichter, die Persönlichkeit der Kinder zu akzeptieren und den Wutausbrüchen der kleinen Cholerikerin, den Ängsten der Hochsensiblen und der Lebhaftigkeit des Extrovertierten in richtiger Art und Weise zu begegnen: «Ich habe dich lieb, unabhängig von deinem Verhalten. Deshalb möchte ich dir helfen, Charakterzüge, die dein Leben und das deiner Mitmenschen mitunter erschweren, mit Gottes Hilfe in die richtigen Bahnen zu lenken.»

(Artikelauszug aus ethos 11/2017)