Unser Gehirn hat ein unglaubliches Potenzial – wunderbar geplant und ausgedacht von unserem Schöpfer. Neuroplastizität ist nicht nur ein kompliziertes Fachwort, sondern in erster Linie für uns Christen eine Verantwortung und eine Herausforderung.
Roswitha Wurm
13. Februar 2019

Täglich erlebe ich staunend in meiner Arbeit als Förderpädagogin, wie sich das regelmässige Trainieren und Üben positiv auf die Gehirnleistung meiner Schüler auswirkt. Informationen, die häufig wiederholt werden, prägen sich irgendwann tief in das Gedächtnis des Schülers ein und können im Bedarfsfall abgerufen werden. Erst neulich habe ich einen mittlerweile an der Universität studierenden Schüler wieder getroffen und er hat mir lachend erzählt, dass er bei einer bestimmten Rechtschreibregel noch immer den von uns eintrainierten Merksatz im Sinn hat.

Formbarkeit des Gehirns

Während man jahrhundertelang davon überzeugt war, dass das Gehirn, sobald es im Erwachsenenalter angekommen ist, nicht mehr formbar ist und keine neuen neuronalen Verbindungen mehr entstehen können, weiss man heute um den Begriff der Neuroplastizität.

Neuroplastizität oder auch die Veränderbarkeit der neuronalen Strukturen und Verbindungen im Gehirn hat in den letzten Jahren für viel Aufsehen gesorgt. Vor allem die Relevanz im Zusammenhang mit Lernen wurde häufig von Medien oder der Wissenschaft herausgestellt. Lerne ich etwas Neues, so entstehen neue synaptische Verbindungen im Gehirn. Der Begriff Plastizität stammt vom griechischen Wort «plastos» und kann als «Fähigkeit zur Formveränderung» umschrieben werden. «Neuro» bezieht sich auf die Neuronen in unserem Gehirn, also die Nervenzellen in unserem Hirn und Nervensystem.

Neuroplastizität beschreibt daher die Fähigkeit des Gehirns, sich selbst zu verändern. Wir sind in der Lage, durch Gedanken und Übung unsere Gehirnstruktur zu beeinflussen und zu formen. Das Gehirn kann des Weiteren durch die Aktivierung bestimmter Bereiche wirklich an Volumen zunehmen und grösser werden.

Ganzheitliches Gehirntraining

Unser Gehirn hat ein unglaubliches Potenzial – wunderbar geplant und ausgedacht von unserem Schöpfer. Neuroplastizität ist nicht nur ein kompliziertes Fachwort, sondern in erster Linie für uns Christen eine Verantwortung und eine Herausforderung.

Wir dürfen uns täglich die Frage stellen: Womit beschäftigen wir uns? Womit füllen wir unsere Gedanken – unser Gehirn? Trainieren wir es in bibeltreuer Art und Weise oder beschäftigen wir uns mit negativen Gedanken und ungeistlichen Informationen?

Jesus sagte zu seinen Jüngern in der Bergpredigt: «Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz seines Herzens das Gute hervor, und der böse Mensch bringt aus dem bösen Schatz seines Herzens das Böse hervor; denn wovon das Herz voll ist, geht der Mund über!» (Lukas 6,45).

Das Herz des Menschen und das Gehirn stehen auch neurologisch betrachtet in einem engen Zusammenhang. Man weiss heute, dass das hochkomplexe Nervensystem des Herzens über etwa 40 000 Neuronen verfügt.

Dies ist mit unserem Glaubensleben vergleichbar: Ein Nachfolger Jesu hat die Botschaft der Errettung, die er gehört und mit dem Verstand aufgenommen hat, in sein Herz gelassen.

Das Gehirn vergisst nicht

Alle je gemachten Erfahrungen und all unser Wissen sind im Gehirn gespeichert. Unser Gehirn ist eine unvorstellbar grosse Datenbank. Wir können uns zwar nicht immer an alles zu jeder Zeit erinnern, aber alles ist vorhanden und wartet darauf, aufgerufen zu werden.

Von allen wunderbar von Gott geschaffenen Wundern des menschlichen Körpers ist wohl das Gehirn das grossartigste. Selbst atheistische Forscher stehen bewundernd vor der unglaublichen Komplexität des menschlichen Gehirns. Der Wissenschaftler Dr. Michael Denton etwa schreibt in seinem Werk «Evolution, A Theory in Crisis»: «Es würde Ewigkeiten dauern, wenn Ingenieure versuchen würden, ein Objekt zu kreieren, das annähernd dem menschlichen Gehirn gleicht, und dies nicht einmal, wenn ihnen die raffiniertesten Hilfsmittel zur Verfügung stünden.»

So komplex dieses Wunder ist, so gross ist auch unsere Verantwortung, mit diesem aussergewöhnlichen Geschenk behutsam umzugehen. Wenn wir uns bewusst sind, wie unser Gehirn arbeitet, dann wählen wir sorgfältiger aus, womit wir uns beschäftigen und auch welcher Informationsquelle wir uns die meiste Zeit unseres Tages bedienen.

Womit füllen wir unser Gehirn?

Wenn die meisten ganz ehrlich sind, verbringen wir viel zu viel Zeit im Internet bzw. mit elektronischen Geräten. Geht es darum, rasch irgendwelche Informationen zu bekommen, versuchen wir gar nicht mehr, uns selbst zu erinnern, sondern «fragen» gleich einmal unser Smartphone. Nicht dass dies in jedem Fall schlecht ist, aber es führt dazu, dass wir unser Gehirn nicht trainieren und auch nicht zulassen, dass wir selbst Erkenntnisse erhalten und das Gehirn neue Verknüpfungen herstellen kann.

Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 02/2019.