– Was steht auf dem Spiel?
Dr. Reinhard Junker
21. November 2022

Die Auseinandersetzung um Schöpfung und Evolution auf den Gebieten der Naturwissenschaften ist nicht einfach. Weshalb sollten Christen überhaupt die damit verbundenen Mühen auf sich nehmen? Besteht die Möglichkeit, eine Erschaffung durch Gottes Wort, wie sie in der Bibel beschrieben wird, irgendwie mit dem Evolutionsgedanken zu verbinden?

Der Versuch, Gottes Schöpfung mit dem Vorgang der Evolution zu harmonisieren, wird oft als «theistische Evolution» bezeichnet. «Theistisch» bedeutet «göttlich» und meint hier «von Gott bewirkt». Man geht von der Annahme aus, dass eine Evolution der Lebewesen einschliesslich des Menschen ausgehend von einzelligen Lebewesen stattgefunden hat. Sie soll aber durch Gottes Wirken ermöglicht oder irgendwie gesteuert worden sein. Das steht im Gegensatz zur atheistischen Vorstellung von Evolution, bei der Gott keine Rolle spielt.

Schöpfung durch Evolution bedeutet Schöpfung durch blinde Mutationen (Kopierfehler) und durch Auslese der am besten Angepassten. Denn ohne diese Mechanismen kann Evolution nicht ablaufen, auch eine theistische nicht. Wäre Gottes Schöpfungsmethode die stammesgeschichtliche Evolution gewesen, hätte er gewaltsame Konkurrenz benutzt, um Evolution voranzubringen und beispielsweise affenähnliche Wesen in Menschen umzubauen. Gott hätte sich der Selektion (Auslese) bedient, um alle Arten von Lebewesen – auch den Menschen – ins Dasein zu bringen. Selektion bedeutet, dass Evolution nur durch den Tod unzähliger nicht so gut angepasster Individuen und das Aussterben vieler Arten möglich war.

Gottes «Schöpfungsmethode»

Biblische Charakterisierungen des Schöpfungshandelns Gottes hingegen betonen Gottes Weisheit, Einsicht, Kraft und Grös­se sowie sein machtvolles schöpferisches Wort (z. B. Spr. 3,19; Jer. 27,5; Röm. 1,19 f.). Ziellose, meist schädliche Mutationen und Selektion – Änderungen durch blinden Versuch und Irrtum – passen nicht zu diesen Beschreibungen. Ausserdem erkennen wir an Jesu Handeln, dass die Schwachen und Verachteten seine besondere Zuwendung erhielten. Das steht in scharfem Gegensatz zu den Gesetzen der Selektion und passt daher nicht als Methode der Schöpfung im biblischen Sinne.

Selektion gibt es zwar tatsächlich, sie ist aber nur ein regulierender und kein kreativer Faktor, kein Mechanismus, durch den neue Baupläne entstehen.

Die Schöpfungsakte Gottes sind nicht erforschbar. Man kann sich sein schaffendes Handeln auch nicht anschaulich vorstellen. Aber an den Wundern Jesu, des Sohnes Gottes, ist Schöpfung durch das Wort dennoch beispielhaft erkennbar. So z. B. an der im 1. Kapitel des Markusevangeliums berichteten Heilung eines Aussätzigen: Die Wiederherstellung von Gliedern und die Neuschaffung einer gesunden Haut ist genauso ein Wunder wie die Erschaffung der Sterne. An diesem Handeln erkennt man auch, dass Schöpfung durch das Wort keine evolutiven Zeitspannen erfordert. Ausserdem ist Gott in seinem Wirken nicht auf die biologischen, chemischen oder physikalischen Gesetzmässigkeiten beschränkt, auch wenn er sich ihrer bedienen kann.

Wäre die Evolutionslehre wahr, dann hätte Gott z. B. Tausende von Parasiten von vornherein gewollt. Ebenso wären die auf «Fressen und gefressen werden» angelegten ökologischen Zusammenhänge sein ursprünglicher Plan gewesen. Gemäss der Bibel hingegen hat Gott dem Menschen und den Tieren zunächst ausdrücklich nur pflanzliche Nahrung zugewiesen (1. Mose 1,29 f.). Der heute zu beobachtende Daseinskampf zwischen den Organismen ist Kennzeichen einer von Gott abgefallenen Schöpfung. Die bi­blischen Schilderungen der ursprünglichen Schöpfung deuten an, dass sich mit dem Sündenfall – und später auch mit der Sintflut – die gesamten Ökosysteme und Lebensbedingungen auf der Erde verändert haben.

Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 12/2022