Im Zusammenhang mit Hirntod und Intensivmedizin gewinnt das Thema mehr und mehr an Bedeutung. Wie soll man das Phänomen bewerten und aus biblischer Sicht einordnen? Haben diese Menschen tatsächlichdie Schwelle des Todes überschritten und sind ins Leben zurückgekehrt?
Yvonne Schwengeler
1. November 2021

Menschen, die lebensbedrohliche Situationen überlebt haben, berichten gelegentlich über optische und akustische Wahrnehmungen, die als Nahtoderlebnis («Near-Death Experience», NDE) bezeichnet werden. Nahtoderfahrungen treten vor allem nach lebensgefährlichen Zwischenfällen wie etwa Herzinfarkten, Schädel-Hirn-Traumata oder schweren Schockzuständen auf.

Dieses Phänomen, das früher kaum beobachtet oder beschrieben wurde, gewinnt heute durch Reanimation und Intensivmedizin zunehmend an Aufmerksamkeit. Auch Christen fragen sich: Wie ist das zu erklären? Wie soll man dieses Ereignis bewerten und aus biblischer Sicht einordnen? Haben diese Menschen tatsächlich die Schwelle des Todes überschritten und sind ins Leben zurückgekehrt? Ist diese «Schau in den Himmel» übereinstimmend mit den Aussagen der Bibel? Sind solche Nahtod­erfahrungen ein Beweis für ein Leben nach dem Tod? Oder sind es einfach Gehirnaktivitäten von Menschen im Todeskampf? Wie diese Erfahrungen genau zu Stande kommen, ist nach wie vor umstritten.

Die materialistische Deutung

Wissenschaftliche Beweise für Nahtod-Erfahrungen existieren nicht. Für die meisten Forscher handelt es sich bei den beschriebenen Erfahrungen um komplexe Halluzination, hervorgerufen durch den Sauerstoffmangel des klinisch Toten. (Von Astronauten, die aufgrund hoher Beschleunigungen kurzzeitig das Bewusstsein verloren, wird berichtet, dass sie ähnliche Erlebnisse hatten.) Aber das ist nur eine Deutung und nicht verwunderlich, da atheistische Forscher diese Phänomene durch ihre rein materialistische Brille betrachten.

Die Naturgesetze können nach dieser Vorstellung alles erklären, auch Gefühle und Gedanken und alles, was wir als «Seele» bezeichnen, ist demzufolge mit biologisch-chemischen Prozessen deutbar.

Obwohl Nahtoderfahrungen schon im Altertum beobachtet wurden, begannen Wissenschaftler erst in den 1970er-Jahren, dieses Phänomen zu erforschen. Die Nebenwirkungen bestimmter Arzneimittel war eine Erklärung. Tatsächlich können einige Medikamente aus der Notfallmedizin eindrucksvolle Halluzinationen auslösen, so zum Beispiel Ketamin. Das Narkosemittel kann psychedelische Körper- und Bewusstseinszustände auslösen, die einer Nahtoderfahrung ähneln, selbst dann, wenn überhaupt keine Lebensgefahr vorliegt. Naloxon, ein beliebtes Opiat-Gegengift, könnte für die «höllischen» Visionen verantwortlich sein, von denen die Intensiv­patienten zuweilen berichten. Trotzdem: Diese Erklärung greift zu kurz, denn nicht wenige Nahtoderfahrungen kamen auch ohne zugeführte Substanzen zustande.

Dass Menschen diese Nahtoderfahrungen genauso erlebt haben, wie sie es berichten, ziehe ich grundsätzlich nicht in Zweifel. Die Frage bleibt: Wie sind sie zu deuten? Auch in diesem Bereich gibt es Scharlatanerie, wie das Nahtoderlebnis, das Alex Malarkey im Bestseller «Der Junge, der aus dem Himmel zurückkehrte» schilderte. Der Autor gestand seinen Betrug, dem viele Christen aufgesessen sind, Jahre später.

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