Was hat Gott eigentlich mit meinem Leben vor? Die meisten Christen haben sich diese Frage schon gestellt. Vielleicht beeindruckt von einem Vollzeitmissionar, der erzählte, wie deutlich Gott ihn in seinen Dienst geführt hatte. Werde ich auch so etwas erleben? Wie höre ich Gottes Ruf, wenn er es tut? Und – mal ganz dumm gefragt – was mache ich in der Zwischenzeit?
Selbstverwirklichung oder Selbstverleugnung?
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir beim Thema Berufung den Fokus entweder nur auf einen Aspekt von Berufung (z. B. vollzeitliche Gemeindedienste) oder zu stark auf uns selbst legen. Im ersten Fall werden wir schnell enttäuscht, weil wir vielleicht nie diesen entscheidenden «Ruf Gottes» hören, und im zweiten, weil unsere «Dienste» für Gott uns nicht die Anerkennung, die persönliche Erfüllung oder die Erfolge geben, die wir doch eigentlich erwartet hatten.
Rückblickend erkenne ich, dass ich während meiner Zeit als Student den Fokus zu stark auf mich gerichtet hatte. Ich träumte von grossen Veranstaltungen unter Studenten, an denen wohl viele zum Glauben an Jesus kommen sollten, aber auch ich gross dabei rauskommen würde. Gott führte mich durch einige Tiefen und zeigte mir so, dass ich «Berufung» noch nicht wirklich verstanden hatte.
Oft «benutzen» wir Gott einfach auf der Suche nach Selbstverwirklichung. «Wow, der ist aber aktiv in der Gemeinde, alle mögen ihn und er hat Gaben ohne Ende!», oder: «Leider habe ich noch nie einen Einsatz in Afrika mitgemacht. Das muss noch unbedingt in meinen Lebenslauf!» Aber, sind das Idealbilder eines Christen, der echte Berufung lebt? Gott sei Dank, nein!
Berufung ist keine Selbstverwirklichung, sondern Selbstverleugnung (Matth. 16,24–26). Gott lädt ein, Berufung zu leben. Gleichzeitig ist es aber ein Befehl, dem wir Folge zu leisten haben. Ihm schulden wir Gehorsam. Wer das nicht begreift, wird Mühe haben, Berufung im biblischen Sinn überhaupt zu verstehen.
Wenn es um mich geht, dann muss doch Gott eine weltbewegende Aufgabe für mich haben! So werde ich ständig auf sein aussergewöhnliches Reden warten. Die Bibel sagt aber: Gott beruft zwar jeden Christen, aber nur selten für eine bestimmte, auf ihn zugeschnittene Aufgabe (vergleiche z. B. Röm. 1,6 mit Röm. 1,1; oder 1. Kor. 1,2+24 mit 1. Kor. 1,1) – für manche vielleicht eine ungewohnte Perspektive.
Wir dürfen Grosses von Gott erwarten und Grosses für Ihn tun, ganz klar! Aber letztlich sind wir nur Steine im grossen Mosaik Gottes. Auch beim Thema Berufung soll Ihm allein die Ehre zukommen (siehe Röm. 1,5/9,20–21/11,36). Es geht hier um so viel mehr als «du» oder «ich» – und doch können «du» und «ich» eine Rolle spielen in Gottes grossen Plänen!
Aber wie? Wie merke ich, wenn Gott mich für eine spezielle Aufgabe beruft, falls es seinem Willen entspricht? Und was gilt ganz sicher für mich?
Ihm ähnlich werden
Gottes Berufung setzt unsere Errettung voraus. Wir müssen «aus Gott geboren sein», um seinem Ruf folgen zu können. Begegnen wir Menschen (sogar in christlichen Gemeinden), die ihr Leben nicht darauf richten, zu leben, wozu Gott sie berufen hat, könnte es daran liegen, dass sie nie «von Neuem geboren worden sind» (siehe Johannes 3).
Schnell bilden wir uns ein, dass wir Dinge «für Gott» tun. In einem christlichen Elternhaus aufgewachsen, habe ich viele Dinge «für Gott getan». In der Schule argumentierte ich eifrig gegen Evolution und unterrichtete sogar andere in unserer Bibelgruppe. Doch erst am Ende meiner Teenie-Zeit begann ich, das Evangelium wirklich zu begreifen. Ich kehrte um von meinen Sünden und nahm Jesus als meinen kostbarsten Schatz in mein Leben auf. Erst mit der Wiedergeburt trat wirkliche Veränderung in mein Leben. Jesus begann, an meinem Charakter zu arbeiten. Vorher konnte ich zum Beispiel gut damit leben, beim Erzählen oft einfach ein bisschen zu übertreiben. Oder in meiner Freizeit Dinge zu konsumieren, die Gott hasst – solches war mir vorher gar nicht bewusst! So leben, wie ich will, und nebenbei «Dinge für Gott tun»? – Nein! Damit sollte Schluss sein. Ich wollte anfangen, mein ganzes Leben als Berufung Gottes zu sehen.
Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 06/2018.