Biblische Voraussetzungen in der Seelsorge. (Teil 1)
Dr. Wolfgang Vreemann
13. Juni 2021

Viele Christen denken: Seelsorge, das ist das Eingreifen studierter Fachleute in Extremsituationen. Natürlich gibt es mit Recht die sogenannte «Katastrophen-Seelsorge». Aber im Gemeindeleben treten solche Katastrophen glücklicherweise sehr selten auf. Es sind eher die kleinen Probleme des Alltags, unsere Verhaltensweisen und Charakterschwächen, die uns gegenseitig zu schaffen machen. Hier, ganz unten an der Basis, kommt die einfache biblische Seelsorge, das «sich kümmern um die Seele des anderen», zum Einsatz. Allerdings – wer sich berufen und begabt fühlt und sich gerne in der Seelsorge weiterbilden möchte, der findet ein reichhaltiges Angebot an Vorträgen, Lehrgängen und Seminaren bei verschiedenen christlichen Organisationen. Wichtig ist dabei nur, dass der Bezug zur Bibel nicht verloren geht.

Der Seelsorger kennt das Kreuz Jesu persönlich

Gottes Wort kennt aber keinen Hochschulabschluss als Bedingung für die Arbeit im Reich Gottes. Für die Seelsorge finden wir in der Bibel ganz andere Voraussetzungen als ein Studium; es ist gut, wenn wir diese biblischen Hinweise beachten. Sie sind bei der schon erwähnten Fusswaschung (Joh. 13,1–17) in idealer Weise zusammengestellt. Wir müssen nur genau hinsehen, und zwar Vers für Vers. Das Ereignis beginnt mit den Worten: «Das Passafest stand jetzt unmittelbar bevor. Jesus wusste, dass die Zeit für ihn gekommen war, diese Welt zu verlassen und zum Vater zu gehen.»

Eigentlich hätten wir erwartet, dass Jesus in dieser Situation im Obersaal in erster Linie sein Kreuzestod vor Augen gestanden hätte. Aber mit diesen Worten ist nicht das Kreuz von Golgatha oder das Grab, sondern seine Himmelfahrt gemeint. Der Herr sieht sich also in Gedanken schon hinter seinem vollbrachten Werk, hinter seinem Sterben und Auferstehen. Damit wird die erste wichtige Voraussetzung für biblische Seelsorge unter Gläubigen deutlich: Seelsorge kann nur der ausüben, der hinter dem steht, der weiss, dass Jesus für ihn gestorben und auferstanden ist. Mit anderen Worten: Ein echter Seelsorger im Sinne der Bibel kann nur ein wiedergeborener Christ sein. Ein gut ausgebildeter und erfahrener Fachmann ohne persönliche Beziehung zu dem Auferstandenen ist vielleicht ein guter Psychologe, aber kein Seelsorger im biblischen Sinne!

Seelsorge ist Liebe in Tat und Wahrheit

Scheinbar zusammenhanglos geht es im Bibeltext weiter: «Nun bewies er den Seinen in dieser Welt das ganze Ausmass seiner Liebe.»

Es bedeutet nichts anderes, als dass bei seinem Zusammensein mit den Jüngern im Obersaal (und natürlich auch bei seinem späteren Leiden und Sterben) seine ewige göttliche Liebe die entscheidende Motivation seines Wirkens war. Wenn wir nun die Fusswaschung als Bild für die Seelsorge anwenden, wird ganz deutlich, welch entscheidende Rolle die «Liebe zu den Seinigen» in der Seelsorge spielt.

Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 06/2021.