Wer Kinder erzieht, kennt Überforderung. Es verlangt Eltern einiges ab. Unvermögen ist deshalb schnell hinter einer «religiösen Fassade» versteckt. Vom Wunsch, echt zu sein – denn von Perfektion hat Gott nichts gesagt, aber von Liebe.
Dave Stone
19. November 2019

Der Comedian Jim Gaffigan sagte einmal: «Manchmal fühle ich mich untauglich als Elternteil. Ich nenne solche Zeiten meine wachen Momente.»

Können Sie diese Worte nachempfinden? Ich schon. Eine gottgemäss lebende Familie wird man nicht über Nacht. Man kann es auch nicht aus einem Kurzratgeber lernen. So etwas braucht Zeit, Engagement und Offenheit. Es gibt dafür keine einfachen Antworten und meistens gibt es auch keine einfachen Fragen.

Es gilt, das Hohle vom Heiligen zu trennen, den schönen Schein zu trennen von der Bereitschaft, viel Zeit, Leidenschaft und Gebet zu investieren, um unsere Kinder im Glauben anzuleiten. In Wirklichkeit geht es darum, den Auftrag Jesu in unserem Leben als Eltern zu verwirklichen.

Jesus hat das, was er von uns erwartet, auf diese Kurzformel gebracht: «Trachtet aber zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit! Und dies alles wird euch hinzugefügt werden» (Matth. 6,33).

Wie stellen wir das aber an? Worin besteht der Unterschied zwischen einem Familienleben, das vom Reichtum eines gelebten Glaubens geprägt ist, und einem Familienleben, das auf den schönen Schein und ein gutes Image aufbaut?
Es ist ein einfaches Prinzip, aber es kann unbequem werden, wenn wir es uns zu Herzen nehmen: Die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Kinder den Herrn lieben, ist grösser, wenn wir ihn lieben.

Wahr sein

Ich möchte Sie etwas fragen: Gehören Sie zu der Sorte Eltern, die unter anderem auch Christen sind, oder zu der Sorte, die Christen und unter anderem auch Eltern sind? Eine christliche Familie entsteht nicht durch eine magische Formel oder in einem Augenblick, weil wir uns das so wünschen. Wir sollten es ernst meinen, wenn wir unseren Glauben weitergeben und ein gottgemässes Leben führen wollen, und zwar nicht nur dann, wenn wir uns beobachtet fühlen, sondern immer – tagein, tagaus.

Wenn der Glaube im Leben von Eltern Gestalt annimmt und sie ihn im Alltag voller Freude und Aufrichtigkeit ausleben, dann hat der Glaube auch für ihre Kinder eine grosse Anziehungskraft. Kinder wollen etwas Echtes, und sie wollen jemandem folgen, der echt ist. Die Art, wie Sie sich bei Triumphen und Herausforderungen verhalten, bei Erfolgen und bei Sünden, die Art, wie Sie Vergebung üben oder Verantwortung übernehmen, kann Ihre Kinder zu einer authentischen Beziehung zu Jesus Christus führen.

Aber Ihr Glaube muss sich in Worten und Taten erweisen. Er kann nicht bloss eine Worthülse bleiben, sondern muss Ausdruck Ihrer Persönlichkeit und Ihres Verhaltens sein. Die Art, wie Sie handeln, entspringt Ihrer Identität in Jesus Christus. Das betrifft auch Ihr Verhalten, wenn Sie sich viele Kilometer von Ihrer Familie entfernt auf einer Geschäftsreise befinden. Das betrifft die Art, wie Sie auf Annäherungsversuche eines Kollegen/einer Kollegin reagieren, Ihre Antwort auf den Tratsch einer Nachbarin oder Ihre Reaktion, wenn Ihr Chef Sie unter Druck setzt, damit Sie beim Budget schummeln.

Ihr wahrer Charakter tritt dann zutage, wenn niemand Sie beobachtet. Aber Sie können darauf zählen, dass Ihre Kinder Sie beobachten. Sie bemerken die Blicke, die Sie auf andere Frauen werfen. Sie hören es, wenn Sie harmlose Lügen erzählen. Sie spüren es, wenn Sie Ihre Ehe in rosigen Farben malen, obwohl sie alles andere als harmonisch ist. Kinderaugen sehen, Kinderohren hören. Sie bekommen alles mit. Sie sehen, wie Sie sich in der Öffentlichkeit und im Privatleben verhalten. Sie haben ein besonderes Talent, Heuchelei aufzudecken. Wenn Sie mit Ihren Kindern unter einem Dach wohnen, ist es schwer, ein doppelbödiges Leben zu führen.

Chris Dewelt, Professor der Missionswissenschaft am Ozark Christian College in Joplin, Missouri, hat es so ausgedrückt: «Ich muss derselbe sein, ob ich nun einen Abendmahlskelch in der Hand halte oder eine Fernbedienung. Ich muss derselbe sein, ob ich nun tausend Kilometer entfernt in einem Hotelzimmer sitze oder im Wohnzimmer bei meinen Kindern. Ich muss derselbe sein, ob ich nun in meiner Bibel lese oder in einem Buchladen stöbere. Ich muss derselbe sein, ob ich nun bei der Arbeit eine Pause mache oder durch den Gottesdienstraum meiner Gemeinde gehe. Denn was wirklich zählt, ist meine Integrität, meine Reinheit und meine Treue.»

Gott erwartet von uns, dass wir echt sind, dass unseren Worten Taten folgen und wir ehrlich zu uns selbst und zu anderen sind. Ein Leben im schönen Schein ist nicht nur anstrengend, sondern schadet auch den Menschen, die wir lieben. Wenn wir uns selbst und anderen etwas vormachen, wirkt sich das verheerend auf unser Familienleben aus, denn wir senden damit mehrdeutige Signale an die Kinder, denen wir Orientierung geben wollen.

Nicht resignieren

Wenn Sie so sind wie ich, dann haben auch Sie ein ungutes Gefühl wegen Ihrer Defizite als Elternteil und wegen der Heuchelei, die sich in bestimmten Bereichen Ihres Lebens eingeschlichen hat. Sie können Fehler aus der Vergangenheit nicht ungeschehen machen, denn schliesslich ist es unmöglich, Rühreier wieder in ganze Eier zu verwandeln. Aber denken Sie an die Worte in Römer 8,1: «Also gibt es jetzt keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.» Gott geht es mehr um die Richtung, die Sie einschlagen, als um Perfektion. Er wünscht sich von uns, dass wir in unserem Leben konsequent und glaubwürdig sind. Er erwartet von uns keine religiöse Fassade, sondern echten Glauben, echtes Vertrauen.

Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 11/2019.

Aus: Dave Stone, Wie Kinder glauben lernen, Zu Hause Glauben leben, CV Verlag