
Dienstagmorgen im Zug. Ich bin auf Dienstreise. Vor mir scrollt einer scheinbar wahllos, aber nicht lautlos, durch seine YouTube-Liste. 60 Mitreisende müssen hören, was er hört. Einer von ihnen bin ich. Ich versuche, das störende Geräusch zu ignorieren, aber mit jedem Augenblick bohrt es sich tiefer in mein Gehirn. Bald kann ich an fast nichts anderes mehr denken. Meine Unruhe wächst. Und die Wut: «Was denkt sich dieser ungezogene Bengel eigentlich?» Anderswo hinsetzen geht nicht – der Zug ist voll. Hingehen und ihm ordentlich die Meinung sagen? Dann macht er vielleicht Krawall. Ich werde immer ungeduldiger. Hab ich nicht ein Recht auf meine Ruhe? 60 lassen sie mir, einer nicht. «Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt», stellte schon Friedrich Schiller fest. Wobei meine Gefühle gerade alles andere als «fromm» sind. Endlich – endlich! – verlässt der Störenfried das Abteil.
Gefühle sind Reaktionen des Herzens auf Einflüsse von aussen. Wie Lärm. Eine abfällige Bemerkung. Oder ein kritischer Blick. Wut, Angst, Freude, Trauer, Scham, Stolz, Neid, Eifersucht, Hass und Liebe beeinflussen dein Denken und Handeln – und können deinen Alltag manchmal ganz schön aufmischen! Der Psychiater Brian Weiss appelliert: «Gefühle sind die Sprache der Seele – höre auf sie!» Der bereits zitierte Schiller hingegen warnt: «Gefühle können der Vernunft entgegenwirken und uns in die Irre führen.»
Wie ist das nun mit deinen Gefühlen? Woher kommen sie? Woran erkennst du, ob sie gut oder böse, nützlich oder schädlich sind? Und was kannst du tun, wenn dich deine Gefühle überrollen und die Kontrolle übernehmen wollen? Auf diese Fragen wollen wir im Folgenden Antworten finden.
Ein Gott, der fühlt
Gefühle haben keinen Erfinder. Es gibt sie sozusagen schon immer. Weil es Gott schon immer gibt (vgl. Ps. 90,2), und er schon immer fühlt. Was er fühlt? Zum Beispiel ...
Stolz:
Wenn Gott etwas für gut befindet, etwa seine Schöpfung (vgl. 1. Mose 1,31), einen Menschen wie Hiob (vgl. Hiob 1,8) und speziell seinen Sohn Jesus, dann drückt er seine Zufriedenheit aus. Wie in Matthäus 3,17, wo er sagt: «Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.»
Eifersucht:
In 5. Mose 4,24 (CSV) heisst es: «Der HERR, dein Gott, ist ein verzehrendes Feuer, ein eifernder Gott.» Mit heiliger Eifersucht verlangt es ihn nach dem ersten Platz in deinem Leben, auf den er einen legitimen, exklusiven Anspruch hat (vgl. 5. Mose 6,5).
Zorn:
Gottes Zorn entlädt sich über die Sünde, weil sie seinem heiligen Wesen widerspricht: «Es wird offenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten» (Röm. 1,18).
Liebe:
«Gott ist Liebe» (1. Joh. 4,8). «Der Sohn liebt den Vater» (Joh. 14,31) und «der Vater hat den Sohn lieb» (Joh. 5,20). Gottes Liebe zur Welt wird in 1. Johannes 4,9 deutlich: «Hierin ist die Liebe Gottes zu uns offenbart worden, dass Gott seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben.»
Ja, Gott ist ein Gott, der fühlt, und was er fühlt, steht zu jeder Zeit im Einklang mit seinem vollkommenen, heiligen Wesen!
Wunderbar ausgestattet
Wie ein Kunstwerk die Handschrift des Künstlers trägt, so spiegelt der Mensch die Eigenschaften Gottes wider. In 1. Mose 1,27 heisst es: «Und Gott schuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes schuf er ihn.» Dazu gehört neben vielen anderen tollen Features auch die Sonderausstattung «Gefühle». Gottes abschliessendes Urteil über die Schöpfung, auch über die des Menschen, findest du in 1. Mose 1,31: «Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.»
Auch wenn Gefühle manchmal die «Bestie» in dir wecken: Dass du fühlen kannst, ist weder sündhaft noch satanisch, sondern ein Geschenk Gottes.
Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 01/2025