Vorbild und Zeugnis für die westliche Kirche: die Untergrundchristen in Nordkorea. Im Gespräch mit Pastor Foley von der koreanischen Hilfsaktion Märtyrerkirche.
Interview: Carina Schwegler
21. Juli 2022

Herr Foley, wie sieht die Arbeit von «Voice of the Martyrs Korea» aus?

Es wird oft gesagt, dass Nordkorea für Christen der schlimmste Ort der Welt sei. Einerseits stimmt das, denn darauf steht die Todesstrafe. Andererseits sind die Christen dort im Allgemeinen reifer in ihrem Glauben, und im Vergleich zur westlichen Welt, wo die Kirche schrumpft, wächst sie in Nordkorea stetig. Wir sind davon überzeugt, dass wir von der nordkoreanischen Untergrundkirche lernen können, was «Christsein» bedeutet.

Nordkorea ist dann ein schwieriger Ort, wenn Christsein heisst, Kirchengebäude zu haben und Religionsfreiheit gesetzlich verankert zu bekommen. Wenn es aber bedeutet, dass Gott, egal wie die Umstände sind, uns alles zum Besten dienen lässt, dann ist Nordkorea für Christen ein gesegneter Ort und unterscheidet sich nicht von der restlichen Welt.

Unsere Mission bei «Voice of the Martyrs Korea» ist es, den Gläubigen im Untergrund zu dienen und ihnen die Werkzeuge an die Hand zu geben, die sie brauchen.

Gemeinsam mit Ihrer Frau haben Sie «Voice of the Martyrs Korea» gegründet. Wie ist es dazu gekommen?

Meine Frau ist in Südkorea geboren. Wir waren aber deswegen nicht interessierter an Nordkorea als andere Christen.

Mit unseren Kindern lebten wir in einem schönen Haus in Kalifornien. Ich organisierte in den Vereinigten Staaten grosse Veranstaltungen, lehrte auf Konferenzen und diente als Berater für christliche Dienste in der ganzen Welt.

Doch dann, vor zwanzig Jahren, hatte ich eines Nachts einen Traum – und der war realer als alles, was ich jemals im Wachzustand erlebt hatte. Weder davor noch danach hatte ich einen Traum dieser Art. Der Herr zeigte mir, dass meine Frau und ich alles aufgeben würden, um nordkoreanischen Glaubensgeschwistern zu dienen. Schweissgebadet wachte ich auf, weckte meine Frau und erzählte ihr davon. «Wenn es vom Herrn kommt, dann wird er es geschehen lassen. Wir müssen nur bereit sein», war ihre Antwort – und das taten wir dann auch.

Bald darauf arrangierte ein gemeinsamer Freund ein erstes Treffen für uns mit nordkoreanischen Untergrundchristen in China. Ich fragte sie: «Wie können wir für euch beten?» Einer von ihnen antwortete: «Ihr betet für uns? Wir beten für euch!» Ich nahm an, dass es sich um einen Übersetzungsfehler handelte: «Was braucht ihr? Medizin? Geld? Fluchthilfe? Wir können es besorgen.» Aber der nordkoreanische Bruder sah mich nur mitleidig an. «Ja, das ist das Problem von euch amerikanischen und südkoreanischen Christen: Ihr habt so viel – so viel Geld und so viel Freiheit –, dass ihr euren Glauben oft in euer Geld und eure Freiheit setzt. Wir haben beides nicht. Wir haben nur Christus. Aber wir durften erfahren, dass er ausreichend ist.»

Dieses Treffen hat unser Denken für immer auf den Kopf gestellt. Wir waren ausgebildet worden, unseren Dienst so zu sehen, dass wir unser Geld und unsere Freiheit einsetzen, um in Gottes Reich mitzuhelfen. Aber wir lernten, dass wahrer Dienst allein von Christus abhängig ist. Wir erkannten, dass wir von den nordkoreanischen und anderen verfolgten Christen viel lernen können, wenn wir uns demütigen. Gott wollte unsere völlige Hingabe an ihn, dass wir auf ihn vertrauen und uns von ihm führen lassen. In diesem Moment wurde unser Dienst geboren. Meine Frau und ich hatten gedacht, Gott hätte uns berufen, den Nordkoreanern zu helfen. Aber jetzt wurde uns klar, dass Gott sie berufen hatte, uns zu helfen.

Bis 2014 hatten wir unsere Büros sowohl in den USA als auch in Südkorea. Dies erforderte eine Menge Reisen, nur um die Büros zu verwalten, was uns von unserer Arbeit vor Ort abhielt. Als unsere Kinder das Collegealter erreichten, zogen wir deshalb mit unserem US-Team nach Seoul, der Hauptstadt Südkoreas.

Wie würden Sie Ihre Arbeit konkretbeschreiben? Welche Möglichkeiten haben Sie, um nordkoreanische Christen zu erreichen?

Es funktioniert nicht mit irgendeiner Methode. Von China aus die Grenze nach Nordkorea zu überqueren, ist für Ausländer praktisch unmöglich, aber auch nicht notwendig. Es gibt andere Wege und Mittel, um das Evangelium nach Nordkorea zu bringen.

Meine Frau und ich besuchten schon früh nordkoreanische Überläufer und Flüchtlinge in ihren Häusern in Südkorea und China, hörten ihnen zu und stellten fest, dass viele von ihnen bereits Christen waren. Und so begannen wir unter anderem mit einer Jüngerschaftsschule nach den Methoden der Untergrundkirche. Dies war für sie viel verständlicher und vertrauter als das, was sie in den südkoreanischen Mega­churches erlebten. Wir fanden auch heraus, dass etwa 60 % der Nordkoreaner, die hier in Südkorea lebten, in regelmässigem Kontakt mit ihren Verwandten standen. Sie schickten ihnen Geld und in einigen Fällen auch andere Güter und Ressourcen. So konnten wir durch Sie und mit ihnen Kontakte nach Nordkorea knüpfen.

Eine gute Möglichkeit, das Evangelium über die Grenze zu bringen, ist ein Telefonanruf. Es kann bis zu hundert Sekunden dauern, bis die nordkoreanische Regierung in der Lage ist, den Anruf abzufangen. Deshalb schulen wir nordkoreanische Überläufer darin, das Evangelium in dieser kurzen Zeit zu verkünden.

Lesen Sie das ganze Interview in ethos 08/2022