Ein Feuerwerk der Farben – auf Entdeckungstour mit dem Camper.
Roland Gerth
26. Juni 2020

Sardinien ist mit knapp 24 000 km2 etwa gleich gross wie die Bretagne und die zweitgrösste Insel im Mittelmeer. Dank der vielen Buchten hat sie eine Küstenlänge von 2000 Kilometern. Das kristallklare Meerwasser mit seiner azurblauen Farbe, das je nach Lichteinfall auch smaragdgrün leuchtet, und die hellen Sandstrände machen Sardinien zur perfekten Urlaubsinsel. Der Tourismus spielt deshalb ganzjährig eine bedeutende Rolle.

Mehr als die bei den meisten Touristen beliebten Sandstrände interessierten mich die Felsküsten mit ihren oft bizarren Gesteinsformen, die ich an verschiedenen Stellen aufgespürt habe.

Im Licht der auf- unduntergehenden Sonne

In gut sechs Stunden bringt uns die Fähre von Livorno nach Olbia. Meine Frau und ich haben uns entschlossen, die Insel im Gegenuhrzeigersinn zu umrunden. So fahren wir zuerst der weltberühmten Costa Smeralda entlang nordwärts. Die Farbe des Meeres ist wirklich einzigartig – sofern man es zu sehen bekommt, denn ein Grossteil dieser Küste befindet sich in Privatbesitz und ist mit luxuriösen Villen bebaut. Man kann nur ahnen, wie es in Porto Cervo, dem Zentrum der Costa Smeralda, in der Hochsaison zu- und hergeht, wenn sich der Jetset hier trifft.

Der erste Ort, den ich fotografisch festhalten möchte, ist der Roccia dell’Orso (Bärenfelsen) auf dem gleichnamigen Capo d’Orso. Der enorme Granitblock wurde im Laufe der Zeit durch natürliche Erosion ausgehöhlt und durchlöchert. Vom Parkplatz führt ein steiler Weg zur Anhöhe hinauf. Ich habe ein ungutes Gefühl, denn das ganze Gelände ist eingezäunt und frühmorgens und spätabends, wenn es für mich interessant wäre, nicht begehbar. Oben angekommen, erwartet mich eine weitere Enttäuschung: Gitter und Abschrankungen verunmöglichen es, den wirklich eindrücklichen Felsen in seiner ganzen Grösse aus einer gewissen Distanz zu fotografieren. Die bekannte Ansicht des Felsens, die man überall auf Plakaten sieht, wurde wohl mit einer Drohne fotografiert.

Der Campingplatz in der Nähe von Palau stimmt mich wieder versöhnlich. Er grenzt an die kleine Halbinsel Isola dei Gabbiani, die ich zu Fuss erkunde. Ich entdecke tolle Granitfelsen mit unglaublichen Formen, die mit Flechten und anderen Pionierpflanzen bewachsen sind. Vor allem geniesse ich es, nach Sonnenuntergang ungestört fotografieren zu können. In diesem speziellen Licht kommen die Pastellfarben des Gesteins besonders schön zur Geltung. Ganz anders die Wirkung am nächsten Morgen: Vom Licht der aufgehenden Sonne bestrahlt, scheinen einige Felsen zu brennen.

Von Palau fahren wir weiter südwestwärts. Ein Schild an der Hauptstrasse mit dem verheissungsvollen Namen Costa Paradiso verlockt uns zu einem Abstecher. Das Strässchen zum Meer hinunter führt uns zwar zu einer Ferienanlage. Aber der Weg, der unten beginnt und dem Meer entlang führt, zeigt uns bald, dass die Paradiesküste ihren Namen zu Recht trägt. Leuchtend rote Felsen in den unglaublichsten Formen bieten immer neue Fotomotive. Ein Exemplar, das aus einem bestimmten Blickwinkel wie ein Tier aussieht, hat es mir besonders angetan, und ich warte so lange, bis sich eine Welle unter dem «Tierkopf» emportürmt.

Lesen Sie den gesamten Reisebericht samt Bildimpressionen in ethos 07/2020.