Wie können wir an Gottes Geboten festhalten – inmitten einer Gesellschaft, in der Gott kaum noch vorkommt? Die Geschichte von Nabot aus 1. Könige 21 geht unter die Haut.
Diakonissenmutterhaus Aidlingen, Zeit mit Gott
8. Oktober 2023

Nabot lebte auf einem von seinen Vorfahren geerbten Grundstück. Es war ein Teil des verheissenen Landes, in das Gott sein Volk geführt hatte, um dort zu wohnen. Dieses Erbe der Väter war nach israelitischem Recht unverkäuflich. Gott hatte seine Herrschaft darüber errichtet – als Zeichen dafür, dass ihm die ganze Erde gehört (Ps. 24,1). Im Gegensatz zu unserem Verständnis von Landbesitz wussten die Menschen im alten Israel: Der Boden, auf dem wir leben, gehört Gott: «Ihr dürft euren Grund und Boden nicht endgültig verkaufen, denn das Land gehört nicht euch, sondern mir! Ihr wohnt hier als Gäste» (3. Mose 25,23 Hfa).

Ahab, der König von Israel, war sich dieser Rechtslage und seiner begrenzten Verfügungsgewalt über das Land bewusst. Alle Dinge mussten zuerst nach den Geboten Gottes beurteilt und entschieden werden. Wie jeder normale Bürger war auch er an diese Ordnungen gebunden. Seine Frau Isebel, die Tochter eines kanaanäischen Stadtkönigs, vertrat jedoch die absolutistische Vorstellung, dass ein König jederzeit willkürlich in die Rechte seiner Untertanen eingreifen kann. Doch Isebel musste lernen, dass die Gebote des lebendigen Gottes Israels auch für sie galten.

Ich bekomme, was ich will!

Nabots Weinberg lag in einer hochwertigen Wohngegend direkt neben der Winterresidenz des Königs. Wenn Ahab nicht in seinem prunkvollen Königspalast in Samaria residierte, genoss er das angenehme Klima der Jesreel-Ebene. Nur ein Gemüsegarten fehlte ihm noch. Keine Frage: Das Grundstück dazu würde ihm sein Nachbar geben!

Ahab machte Nabot ein grosszügiges Angebot. Der König war es gewohnt, alles zu bekommen, was er wollte. Natürlich wusste er, dass Gottes Recht den Verkauf des Erbbesitzes verbot. Aber er rechnete nicht damit, dass der Weinbauer Nabot sich wirklich daran halten und seine Bitte abweisen würde. Was nahm sich dieser kleine, unbedeutende Bürger eigentlich gegen ihn, den grossen König, heraus?

Der Grund seines Widerstandes waren Nabots Glaube und seine Treue gegenüber dem Gott Israels: «Fern sei es von mir vor dem Herrn, dass ich dir das Erbe meiner Väter gebe!» (1. Kön. 21,3). Er liess sich weder durch verlockende Ersatzangebote noch aus Furcht vor dem Zorn des Königs zur Untreue gegen Gottes Gebot verleiten. Er achtete den lebendigen Gott als höchste Autorität. Von ihm bekam er Mut und Kraft, sich dem Wunsch des «gros­sen Ahab» zu widersetzen.

Gibt es in unserem Alltag ähnliche Konflikte? Wie können wir standhaft bei Gottes Geboten bleiben – mitten in einer Gesellschaft, in der Gott kaum noch vorkommt? Darauf gibt es keine schnelle oder einfache Antwort. Doch wir dürfen beten: «Den Weg der Treue habe ich erwählt, ich habe vor mich gestellt deine Bestimmungen. ... Den Weg deiner Gebote werde ich laufen, denn du machst mir das Herz weit. ... Neige mein Herz zu deinen Zeugnissen und nicht zum Gewinn!» (Ps. 119,30.32.36).

Rechtsbruch statt Rechtsspruch

Ahab wusste, dass er Nabots Antwort akzeptieren musste. Aber die Wut schlug ihm auf den Magen. Gekränkt legte er sich auf sein Bett und drehte sich zur Wand wie ein trotziges Kind. Das war Isebels Stunde. Sie machte aus der Kohlgarten-Frage eine Machtfrage: «Du, du übst doch jetzt die Königsherrschaft über Israel aus». Als intrigante Trösterin ergriff sie kurzerhand selbst die Macht: «Ich werde dir den Weinberg ... geben». Warum fragte Ahab nicht nach? Er kannte doch die Methoden seiner Frau. Wer vor dem Bösen die Augen verschliesst und keinen Einspruch erhebt, macht sich mitschuldig.

Rücksichtslos verfolgte Isebel ihren Plan. Sie ging so weit, mit lügnerischer Taktik eine falsche Anklage zu erheben: «Nabot hat Gott und den König gelästert!» – ein todeswürdiges Verbrechen. Ohne weitere Beweisaufnahme wurde die Todesstrafe vollzogen. Der Mann, der Gott die Treue hielt, musste sterben.

An Isebel wird sichtbar: Macht ohne Ehrfurcht vor dem lebendigen Gott erstickt das Gewissen und zertritt das Bewusstsein für Gerechtigkeit und Recht. «Nimm die Furcht Gottes aus den Herzen der Mächtigen, und du wirst unweigerlich die Erfahrung machen, dass das Recht in die Brüche geht» (H. Lamparter).

Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 10/2023